SAG AN! macht Vorschläge für die Jugendpastoral

Zweckfreie Räume, offene Ohren und authentische Menschen

Die Ergebnisse des Projektes „SAG AN!“ zur Lebenswelt junger Menschen im Bistum Münster liegen vor. Expertinnen und Experten aus religiösem und nicht-religiösem Fachgebiet haben die Antworten einer Umfrage ausgewertet, an der 2020/2021 rund 1.000 junge Menschen aus dem Bistum Münster teilgenommen hatten. Die Auswertung gibt Haltungs- und Handlungsempfehlungen für die haupt- und ehrenamtlich in der Jugendpastoral Beschäftigten.

20 Fachleute aus Kirche, Jugendverbänden, Psychologie, Kommunikation, Sozialarbeit und Schulpädagogik haben die Aussagen der jungen Menschen ausgewertet und handlungsleitende Ansatzpunkte für eine Weiterentwicklung der Jugendpastoral formuliert. „Jugendpastoral  muss lernfähig bleiben, die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen ist im stetigen Wandel“, sagt Tobias Schwennen, Schulsozialarbeiter und einer der Experten, die mit der Auswertung der Umfrageergebnisse beauftragt wurden.

Kleine und große Geschichten

Drei Themen, die im Rahmen der SAG AN!-Befragung immer wieder genannt wurden: Junge Menschen wünschen sich von der Kirche Räume, in denen sie sich bedingungslos aufhalten können und unvoreingenommen wahrgenommen werden. Und sie brauchen authentische Bezugspersonen, die auf ihre individuellen Bedürfnisse eingehen und eine verlässliche Beziehungsarbeit pflegen.

„Ein dritter Punkt ist die Sinnfrage, die junge Menschen stellen und auf die die Kirche eine zeitgemäße Antwort finden muss“, sagt Hendrik Roos, Geistlicher Leiter beim BDKJ Diözese Münster. „In Zeiten vielfältiger Krisen und Sorgen kann die Kirche Jugendlichen eine Perspektive bieten, wenn es ihr gelingt, junge Menschen mit dem Evangelium, als tatsächlich relevante Botschaft für ihr Leben, in Berührung zu bringen“, so Roos weiter.

Jan Loffeld, Professor für praktische Theologie an der Tilburg Universität in Utrecht, hat eine pastoraltheologische Einschätzung der Ergebnisse vorgenommen: „Können/dürfen junge Menschen, wie SAG AN! es inspiriert hat, tatsächlich ihre Geschichte in der Kirche erzählen lernen? (…) Wichtig ist, dies größtenteils durch die Jugendlichen selber tun zu lassen, damit es nicht anbiedernd rüberkommt und zugleich Möglichkeiten zu schaffen, dass sie ihre „Small Story“ mit der „Big Story“ des Evangeliums verbinden können“, sagt Prof. Dr. Jan Loffeld.

Glück, Trauer, Angst und welche Rolle Kirche im Leben junge Menschen spielt

Die Befragung junger Menschen hat Ende 2020 begonnen und wurde pandemiebedingt bis Ende 2021 verlängert. „Wir waren überrascht von dem großen Zuspruch und der Unterstützung, auf die wir gestoßen sind. Fast 800 junge Menschen zwischen 14 und 35 Jahren haben an unserer Online-Befragung teilgenommen. Außerdem haben zahlreiche Kooperationspartner*innen im Bistum Münster, u.a. in Gruppenstunden, Ferienfreizeiten, bei Tagen religiöser Orientierung oder im Religionsunterricht, unsere Fragen aufgegriffen. Hinzu kamen Gesprächsrunden mit Bischof Felix Genn“, erinnert sich Susanne Deusch, zu Projektstart und bis Mai 2022 Geistliche Leiterin beim BDKJ und heute Leiterin des Kreisbildungswerks Coesfeld. Die Fragen, die gestellt wurden, drehten sich darum, was junge Menschen glücklich und traurig macht, was ihnen Angst bereitet, was ihnen hilft, ihr Leben zu meistern und wie die Kirche sie unterstützen kann.

Hinhören und hingehen

Mit der Vorstellung der Ergebnisse und ihrer Interpretation will das Projektteam nun Diskussionen und Veränderungen in der Jugendpastoral anstoßen – ganz im Sinne des Auftrags der Jugendpastoral, junge Menschen mit Worten und Taten auf ihrem Lebenswegen zu begleiten. „Die SAG AN!-Umfrage macht deutlich: Nicht wir Erwachsenen sind die Expert*innen für die Lebensfragen junger Menschen, sondern die jungen Menschen selbst. Deshalb müssen wir laufend hinhören und zu ihnen hingehen, um zu wissen, was sie von uns brauchen“, resümiert Eva Sewald, Referentin der Schulabteilung im Bistum Münster.

Mit der vollständigen Veröffentlichung der Ergebnisse der SAG AN!-Umfrage und den sich daraus ergebenen Empfehlungen erhalten Engagierte und Kirchenverantwortliche wertvolle Informationen, die wichtig für Entscheidungen im Rahmen der Veränderungsprozesse im Bistum Münster sind und sicherstellen, dass die Perspektive junger Menschen gehört werden kann. „Wir danken allen, die an der Umfrage teilgenommen und dabei geholfen haben, die Ergebnisse zu interpretieren. Jugendpastoral muss für junge Menschen da sein. Zweckfrei und wertschätzend. Jetzt liegt es in unseren Händen, die wertvollen Informationen zu nutzen und in unser tägliches Handeln einzubinden“, sagt Christoph Aperdannier, Referent in der Fachstelle Kinder, Jugendliche und Junge Erwachsene im Bistum Münster.

Alle Umfrageergebnisse, Einschätzungen der Expertinnen und Experten sowie die pastoraltheologische Einschätzung von Prof. Dr. Jan Loffeld sind unter https://www.sagan-geschichten.de veröffentlicht.

Auftakt nach Jugendsynode 2018

„Ich wünsche mir eine Jugendpastoral, die die Lebensthemen junger Menschen ernst nimmt und sich von ihnen leiten lässt“, erklärte Bischof Felix nach der Jugendsynode 2018 in Rom. Auf diese Initiative hin haben der BDKJ Diözese Münster und die Abteilung Kinder, Jugendliche und Junge Erwachsene unter dem Titel „SAG AN! Du erzählst. Deine Geschichten“ ein Projekt mit dem Ziel ins Leben gerufen, die Lebensgeschichten junger Menschen zu erfahren, das Gehörte zu interpretieren und Empfehlungen für die Umsetzung in der Jugendpastoral auszuarbeiten.

Mehr über das Projekt ist nachzulesen im bdkj.pool 1/2021 (pdf)